Geschichten aus Lohne

Für die Spökenkieker aus Lohne:

 

Der Teufel in Elbergen

Es war ungefähr in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts, da gab es große Aufregung in Elbergen und Lohne. Schäfer und Torfgräber erzählten, sie sähen im Moor und auf der Heide von zeit zu Zeit ein großes schwarzes Tier, fast wie ein Hund. Das Tier gäbe aber Geräusche von sich wie ein Fuchs. Es ließ sich eben sehen und war schon wieder verschwunden. Besonders die Leute ,die in der Nähe vom Friedhof, auf Herzfort und am nördlichen Rand  von Elbergen wohnten, hatten schreckliche Angst vor dem Tier. Einige sagten, es wäre gar kein Hund, es wäre ein Teufelchen aus der Hölle! Das sprach sich immer mehr herum; besonders der alten Haat, der Wart an der Elberger Fähre, übertrieb gerne und nahm die Leute auf den Arm. Wenn er etwas erzählte, sprach er ganz leise und tat ungeheuer wichtig und geheimnisvoll. Jedem, der es hören wollte, erzählte er allerlei über das Untier im Elberger und Lohner Feld.

So sagt er einmal: „Zweimal habe ich gesehen, dass sie auf das Untier schossen. Das erste Mal wurde der Kerl so groß wie Goliath, der hatte ein Ding auf dem Rücken, das aussah wie ein Schinken. Das zweite Mal war es ein Untier mit drei Köpfen und sechs Hörnern, die so groß waren, dass alle Elberger und Lohner Frauen ihre ganze Wäsche daran trocknen könnten.“ Auch andere Menschen hatten das Ungeheuer mit ihren eigenen Augen gesehen und es dauerte gar nicht lange, da wurde überalle hier in der Gegend, selbst bis nach Westfalen hinein, erzählt, in Elbergen halte sich der Teufel in leibhaftiger Gestalt auf. Mein Onkel war damals noch Knecht bei Schlosskaplan Berning aus Elbergen, der auch Dechant in  Kappenberg bei Lüdinghausen war. Der Kaplan schrieb eines Tages, wie das denn mit dem Teufel in Elbergen sei, in Kappenberg bei Lüdinghausen erzählten ihm die Leute die wunderlichsten Dinge davon und fragten ihn, ob er nichts davon gehört hätte. Unsere Leute schrieben ihm, was sie gehört hatten; der Kaplan kam auch selbst einmal in die Heimat, bekam das Untier aber nicht zu sehen. Immer mehr Gräuelgeschichten und Hexenstücke über den Elberger Teufel kamen auf. Kein Mensch wollte es mehr wagen, abends oder nachts, ja kaum bei Tage, von Lohne nach Elbergen oder von dort nach Lohne zu gehen. Um nun endlich Ruhe ins Land zu bringen, ließ der Herr von Herzfort – damals Baron von Müller – auf Befehl des Amthauptmanns von Lingen alle starken Männer aus Elbergen, Lohne, Herzfort, Schepsdorf, Wietmarschen, Nordhorn, Engden, Drievorden, Emsbüren, Bernte und Darme aufrufen, um eine Treibjagd auf den Teufel zu beginnen.

In einem Umkreis von vier Stunden umstellte man die Heide mit kräftigen starken Männern, von denen die meisten mit Gewehren, die anderen mit Knüppeln bewaffnet waren. Es dauert ein paar Stunden, da war der Teufel eingekesselt und man wollte ihn erschießen. Aber der Lümmel wusste sich zu helfen, er versteckte sich in der Heide. Auf einmal kam er auf ein paar Jungs zu, die bloß einen Knüppel hatten. Die bekamen es mit der Angst zu tun und weg war er. Man begann erneut mit der Treibjagd und kriegte ihn glücklicherweise in Elbergen auf Dalings Hof zu fassen.

Gerade wollte der Lümmel wieder entwischen, da kam Upschultens Annemieke und gab ihm mit einem Kohlstrunk einen tüchtigen Schlag vor den Kopf, damit er zurück gehe. Dann schoss Deiterings Harm aus Lohne auf das Untier und diesmal glückte es: Der Teufel war tot. Alle freuten sich, besonders als sie sahen, dass es kein Teufel, sondern ein ganz normaler Hund gewesen war. Nun glaubten sie auch nicht mehr daran, dass das Teufelchen, wie überall erzählt wurde, auch noch Junge bekommen hatte.

Der Hund hatte Ähnlichkeit mit einem Fuchs und man glaubte, dass er ein Bastard aus Hund und Fuchs war. Baron von Müller ließ den toten Hund an einen Pfosten nageln, damit alle Leute sich überzeugen könnten, dass es wirklich ein Hund und kein Teufel war. Und nach einer Kurzen Zeit war der Teufel von Elbergen vergessen.

(Quelle: Sagenhaftes Emsland – Die Sagen des Altkreises Lingen – www.Emslandmuseum-Lingen, Band 6)

 

 

 

Hexenberndkes Geisselpfahl

Zu der Zeit, als man überall in Deutschland den Wahn der Hexenverfolgung verfallen war, gab es in Lohne oder in Elbergen, ganz genau weiß man es nicht mehr, einen Mann, der unter dem Namen „Hexenbernd” be­kannt war. Er selbst war freilich keine Hexe, aber — so behauptete er — die Hexen hatten ihn oft auf ihren nächtlichen Ausflügen mit­genommen. So konnte er auch von diesen Fahrten genaue Kunde geben. Mit seinen Hexengeschichten versetzte er viele aber­gläubische Menschen in Angst und Schre­cken und schürte so das Misstrauen unter den Menschen. So manchen soll er mit sei­nen Schmähungen in Unglück, Not und Armut gestürzt haben. Über einen Bauern aus Listrup beispielsweise erzählte der He­xenbernd, er könne sich in verschiedene Tiergestalten verwandeln. Der Bauer geriet durch diese Verleumdung mit seiner gesam­ten Familie ins Elend. Ein andermal erzählte er, er sei einstmals mit den Hexen nach Braunschweig geflogen und hätte dort mit ihnen in einem Weinkeller wilde Orgien gefeiert. Auf dem Rückweg merkten sie, dass eine Hexe zurückgeblieben war. Da sie keine Zeit mehr hatten umzukehren, weil langsam die Morgenröte aufzog, riefen sie die Hexe unter dem Zauberspruch herbei: „Jacob lat los — de Engel früsseln — und dat Morgenrot geht up!” Als man ihn danach fragte, wie denn eine Hexenausfahrt vor sich gehe, er­widerte er: „Aus der schlafenden Hexe kriecht die Hexenseele in der Gestalt eines Insektes aus dem Munde hervor. Sie fliegt davon, verwandelt sich in einen Hasen und kehrt so auch wieder zurück. Hat man vor der Rückkehr den Körper in eine andere Lage gebracht, kann die Seele nicht mehr Einkehr halten und mit der Hexe ist es aus. Der Teufel hat die Seele.” Als man ihn vor Gericht aufforderte, Namen von Hexen zu nennen, weigerte er sich jedoch standhaft. Man verurteilte ihn deshalb zum Hexen­pfahl, der zwischen Lohne und Reitlage, nach anderer Überlieferung in der Nähe von Elbergen stand. Der Sage nach wurde der Hexenbernd nach seiner Geißelung im Ge­sicht gebrandmarkt und westwärts des Landes verwiesen. „Hexenberndkes  Geißelpfahl” aber zeigte man noch lange und seine Hexengeschichten erzählten sich die Leute mit Grausen.

(Quelle: Sagenhaftes Emsland – Die Sagen des Altkreises Lingen – www.Emslandmuseum-Lingen, Band 6)